Ist alles, was der Verstand uns sagt, vernünftig?
Der Verstand erfasst das Was und Wie und die Vernunft das Warum - so postulierte es Immanuel Kant. Aristoteles formulierte, dass die Vernunft für das Sein des Menschen maßgeblich sei und der Mensch naturgemäß ein vernünftiges Wesen ist. Auch für Aristoteles hatte somit die Vernunft einen höheren Stand als der Verstand.
Zuletzt nutze ich für die Klärung noch Aussagen von Thomas von Aquin. Er sagte, dass durch die erkennende Vernunft der Mensch erst zum Menschen wird. Ja, dass diese Vernunft erst den Menschen befähigt, übergeordnete Sinnzusammenhänge zu sehen.
Ist die Vernunft gleichzusetzen mit dem Verstand?
Alle angeführten Denker kommen zu dem gleichen Ergebnis und stellen die Vernunft über den Verstand. Das ist dem Umstand geschuldet, dass der Verstand nur Gegensätze als solche wahrnehmen und Dinge mit Begriffe verbinden kann. Mittels diesen Vorgehen werden Urteile gefällt. Der Verstand besitzt ein abwägendes Urteilsvermögen, welche sich in den naturwissenschaftlich-mathematischen Bereichen zeigt.
Die Gefahr einer rein verstandesorientierten Kultur besteht darin, ihre fortschrittsorientierte und beschleunigten Entwicklung, ohne die Berücksichtigung von Werten und Sinn, einzusetzen. Das liegt darin, dass es dem Verstand nicht möglich ist, übergeordnete Sinnzusammenhänge zu erfassen.
Muss das Denken des Verstandes sinnvoll begrenzt werden?
Die Ethik, ein Teilaspekt der Philosophie, beschäftigt sich damit, verstandesmäßiges Handeln sinnvoll zu begrenzen. Vielleicht wird es klarer, wenn ich die unterschiedlichen Fragestellungen im Bezug auf Verstand und Vernunft herausstelle. Der Verstand fragt nach der technischen Machbarkeit - die Vernunft fragt nach dem Sinn.
Das bedeutet im Umkehrschluss, dass reine Verstandesarbeit niemals den Sinn einer Sache erfassen kann. Das kann ausschließlich die Vernunft - diese erfasst Sinnzusammenhänge.
Bezogen auf die praktische Ebene kann man sagen:
der Verstand versucht seine Ziele möglichst gut zu erreichen, alles möglichst richtig zu machen.
die Vernunft versucht gute Ziele zu erreichen, das Sinnvolle zu machen.
Sinn ist nicht allgemeingültig
Da Sinn für jeden etwas anderes ist, kann auch die Vernunft nicht als allgemeingültig angesehen werden. So kann es je nach Ziel- und Sinnsetzung für den Einen sinnvoll und zielführend sein, einen impffreien Koch nach Testung auf Corona im Restaurant seiner Tätigkeit nachkommen zu lassen, jedoch diesen Koch das Essen im selbigen Restaurant nach Feierabend zu verbieten. Für einen Anderen ist der geschilderte Umgang mit dem Koch unvernünftig.
Was sagt Ihre Vernunft dazu?
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